Die Auswirkungen der Urbanisierung auf die religiöse Praxis alevitischer Frauen und den Wandel ihrer Rolle
DOI:
https://doi.org/10.24082/2025.abked.507Schlagworte:
Frauen, Urbanisierung, Alevitentum, Identität, Wandel, ModernisierungAbstract
Diese Studie geht davon aus, dass gesellschaftliche und politische Ereignisse im Laufe der Geschichte sowohl das Alevitentum als auch das in ihm verankerte Ideal der Geschlechtergleichstellung beeinflusst haben. Aleviten haben ihre Glaubenspraktiken über Jahrhunderte hinweg unter dem Einfluss historischer Ereignisse und gesellschaftlicher Entwicklungen geformt. Ab den 1960er-Jahren führten Modernisierung, Migration und Urbanisierung zu tiefgreifenden Veränderungen im sozialen, kulturellen und familiären Leben der Aleviten. Die über Jahrhunderte hinweg festgelegten sozialen Rollen innerhalb des alevitischen Glaubens und Lebens begannen sich zu wandeln; die jeweilige Stellung von Männern und Frauen unterlag einem Prozess der Neudefinition. Diese Studie geht davon aus, dass – wie in vielen anderen Bereichen – auch der Status alevitischer Frauen im Zuge dieses Wandels neu definiert wurde. In der alevitischen Gemeinschaft besteht weitgehende Einigkeit darüber, dass Frauen, die in allen Lebensbereichen an der Seite von Männern stehen, im Vergleich zu Frauen anderer Glaubensgemeinschaften eine besondere Stellung einnehmen. In der Glaubensbildung und historischen Entwicklung des Alevitentums wird der Nachkommenschaft des Propheten, insbesondere seiner Tochter Fatma, die die Linie fortsetzte, eine herausragende Bedeutung beigemessen. Entsprechend wurde der Frau eine zentrale Rolle eingeräumt. Historisch hat sich die Identität des Alevitentums auf Grundlage eines Glaubens an die direkte Abstammung herausgebildet, wonach die Tochter des Propheten, Fatma, und die Kinder des Propheten Ali zur Familie des Propheten (Ahl al-Bayt) gehören.
Innerhalb der Identität der Frauen wird vor allem ihre Mutterrolle hervorgehoben und idealisiert. Wie in sämtlichen Kulturen im Laufe der Geschichte werden Frauen im Alevitentum ebenfalls aufgrund ihrer Mutterrolle geheiligt und für ihre Fähigkeit zur Fortpflanzung und ihre Qualitäten hinsichtlich der Pflege und Fürsorge von Kind und Familie verehrt. Durch die Übernahme bestimmter Rollen in Cem-Zeremonien, den zwölf Diensten und der Teilnahme am Semah nehmen Frauen aktiv an den Ritualen der Gemeinde teil. Modernisierung und Urbanisierung brachten einen Wandel in Bezug auf sämtliche Institutionen, die sich in ländlichen Regionen herausgebildet hatten. Hier hatten alevitische Gemeinschaften über Jahrhunderte hinweg ein von der Außenwelt relativ abgegrenztes Leben im Kontext von Familie, Dorf, Clan, Sippe und Verwandtschaft geführt. Der Urbanisierungsprozess sorgte für eine Öffnung nach außen und einen größeren Kontakt mit anderen Glaubensrichtungen und Gemeinschaften. Während Aleviten in der Vergangenheit ihr soziales, wirtschaftliches und alltägliches Leben gemäß ihren eigenen rechtlichen Normen im Rahmen der Cem-Zeremonien organisierten, waren sie nun gezwungen, sich den Gesetzen des modernen Staates zu unterwerfen. Alevitische Frauen traten in Kontakt mit „den Anderen“ und standen im Austausch in sämtlichen Lebensbereichen. Gleichzeitig veränderte sich auch die Rolle der Frauen innerhalb der Cem-Rituale im ländlichen Raum. In diesem Zusammenhang untersucht diese Studie, inwieweit sich die Rolle alevitischer Frauen im alevitischen Glauben unter dem Einfluss von Modernisierung, Migration und Urbanisierung gewandelt hat.
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